„[…] Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebensogut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.“ [Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. Neuausgabe 1978. Reinbeck: Rowohlt 1987, Band I, S. 16.]
Robert Musil beschreibt in seinem Fragment gebliebenen Roman einen Umgang mit Wahrnehmung und Wirklichkeit, der auch in den Arbeiten von Magnus Sönning nachgegangen wird. Sönning reagiert auf Gegebenheiten im gleichen Maße, wie er sich diese zu Nutze macht. Das Einfühlen in eine vorgefundene Ausgangssituation, das Erkennen natürlicher Phänomene oder behutsame, aber pointierte Eingriffe in alltägliche Zustände sind Zeugnisse seiner Arbeitsweise zwischen Spiel und gewissenhafter Konstruktion.
Beim Betrachten der Erscheinung selbst entwickelt Sönning Entlarvungsmechanismen des Augenscheinlichen. Ein Arbeitsprozess wird durch das Hinterfragen des Offensichtlichen in Gang gesetzt und in der Kombination einer Wahrheit der Dinge mit dem eigenen Erlebnishorizont vervollkommnet. Seine Verfremdungen oder Entfremdungen sichtbarer Entwürfe von Realität entstehen nach vorgefundenen Vorbildern der Natur oder gefertigten Produktionsteilen. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Kitsch-Shops, Euro-Shops oder Discount-Baumärkte für Sönning reichlich Inspiration bereit halten. Dort offerierte industrielle Plagiate eines idealisierten Originals aufzustöbern gleicht seinem selektiven Aufgreifen von Natureindrücken aus dem gesamten Naturkosmos.
Meist ist die Materialität ausschlaggebend für eine Aktion, aber auch die Möglichkeitspalette eines was-wäre-wenn und die Umkodierung allgemeingültiger Zuschreibungskriterien führen zu Objekten. In der Thematisierung und Kontextualisierung geraten Sönnings Arbeiten zu dezenten Imitationen verschiedenartiger Vorlagen.
In der Ausstellungspräsentation werden diese kontrastiv ausgewählt, zwischen zarter Reaktion und schamlosem Fake, diskreter Haptik und plumpem Abbild – allesamt Paradoxa auf der Suche einer nicht zu erfüllenden Idealgestalt, die in der subjektiven Phantasie eines Jeden entsteht und somit immer anders aussieht oder in ihrem bloßen Bestreben die reine Idee dessen verspottet. -Katrin D. Herold
Magnus Sönning
1981 in Bamberg geboren
2002–2003 Kent Institute of Art and Design, Maidstone, England
2004–2010 Studium an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design Halle
seit 2011 Meisterschüler bei Prof. Monika Brandmeier, HfBK Dresden
seit 2012 Mitglied im Club Mantell www.club-mantell.de
Auszeichnungen
- 2012 Arbeitsstipendium des Landes Sachsen-Anhalt
- 2011 Caspar-David-Friedrich-Preis
Ausstellungen
- 2012 voraus / ahead 2 -automatisch ungerecht | dr. julius ap | Berlin
- 2012 temporary studio – constellation experiment (mit Maik Ronz) | Halle
- 2012 Caspar-David-Friedrich Galerie | Greifswald
- 2012 Kunstverein Trier Junge Kunst
- 2012 Kunstverein Brühl
- 2011 Die Tische sind unten | Künstlerhaus Salzwedel
- 2011 Parkway Utopia | Residency | Stuttgart
- 2011 Hunger drives the beasts out of the forest | Galerie Schöne Stadt | Halle
- 2011 Sehnsucht Essen | Kloster Plankstetten
- 2010 Ostrale | Dresden
- 2010 Diplome der Kunst | Halle
- 2010 Kunst in Betrieb 3 | Halle
- 2010 Raumzugänge | Diplomausstellung | Halle
- 2009 4+ | Projektraum: Alles was du siehst gehört Dir | Halle
- 2009 Transforma | Internationale Kunstausstellung | Halle
- 2009 Einzelausstellung | IHK | Magdeburg
- 2009 Kurzeitiges unangestrengtes warten auf den Erfolg | Ufo-Galerie
- 2008 Galerie Raum Hellrot (mit Astrid Bredereck)
- 2008 Werkleitz Festival Amerika | Halle
- 2008 Kunst in Betrieb 1 | Halle