Jörn Thiede – EinmannBunker
Vernissage am 25.04.2025, 19-22 Uhr
Öffnungszeiten:
Dienstag: 19-21 Uhr
Freitag: 19-21 Uhr
Samstag: 15-18 Uhr
sowie nach Vereinbarung.
Anfang Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Auf Spurensuche vergangener Kriege geht Jörn Thiede. Er fotografiert Bunker und Maueranlagen aus ganz Europa. Die Gefühlswelt von Menschen setzt Mirka Raito in Bildern und Skulpturen um. Kriege schlagen Löcher in die Architektur und ziehen Gräben zwischen Menschen. Kriege verursachen Zerstörung und Verletzungen, nicht nur im Außen, sondern auch im Innern. Was könnte uns Menschen wieder verbinden? Welche Umgebung kann Sicherheit vermitteln?
Vor allem beschäftigen sich Mirka Raito und Jörn Thiede in ihrer Ausstellung, die im Rahmen des Nachtspeicher23-Jahresprogramms im Kontext des 80. Jahrestags des Kriegsendes (Zweiter Weltkrieg) stattfindet, mit Rückzugsorten – im psychischen und physischen Sinn. Während Mirka Raito sich in ihren Arbeiten mit Verletzungen und Traumata in Gefühlswelten und Beziehungslandschaften auseinandersetzt, zeigt Jörn Thiede konkrete Manifestationen von Rückzugsorten: Bunker und Maueranlagen aus ganz Europa, anhand derer er die Begrifflichkeit Rückzugsort hinterfragt.
Mirka Raito beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit ihren Gefühlswelten im Kontext von Beziehungslandschaften. Mit einer Reihe von Fragen lotet die Künstlerin ihre Wünsche und Bedarfe aus. „Wieviel Raum braucht man für sich in einer Beziehung?“, „Wieviel Raum braucht eine Beziehung (in meinem Leben)?“, „Wieviel Raum (mental und physisch) wurde mir in einer Beziehung gegeben?“, „Wieviel Platz hat meine Mutter mir gegeben als ich Kind war?“, „Wieviel Platz hatte ich als Kind, wieviel Raum habe ich heute?“. Mithilfe der Antworten bespiegelt Raito beispielsweise ihre eigene Mutter-Kind-Beziehung, aber auch ihre emotionalen Befindlichkeiten im Rahmen von Liebesbeziehungen. Zentrales Kompositum ihrer Werke ist die Gestaltung ihres gefühlten und gelebten Raums, dessen Koordinaten sie in einem inneren Monolog hinterfragt: „Wieviel Raum brauche ich oder er?“, „Wie groß muss die Öffnung sein, durch die ich gerade noch durch passe?“ Die Beschaffenheit ihres persönlichen Rückzugsorts definieren Parameter wie Sicherheit und Freiheit, Mut, Scham oder Angst.
Jörn Thiede zeigt in seinem Bilderzyklus Bunker und Maueranlagen aus ganz Europa. Bei den Schwarzweißmotiven handelt sich um Reste aus der Ära der Vernichtungszüge der beiden Weltkriege, aber auch aus der Zeit des Jugoslawienkriegs in den 1990er Jahren. Bunker und Mauern sind im konkreten physischen Sinn als Rückzugsorte konzipiert. Sie sind für die Nutzung durch das Militär und Zivilpersonen konzipiert. In Thiedes Wahrnehmung sind die Gebilde eine in Beton gegossene Reduktion der Frage von„drinnen oder draußen“. Die Schutzgebäude können statt Sicherheit bei Individuen den Eindruck von Eingeengtheit evozieren. Thiede hinterfragt mit seinem Werk die vorgebliche Manifestation von Sicherheit, die diese Bauwerke vermitteln. Sind sie eventuell ein Trugbild? Thiede zeigt die Monolithen in Schwarzweiß, reduziert sie auf ihre Graustufen, auf das Grafische und zeigt damit, wie stark Mauern und Beton den Blick und das Bewusstsein einengen. „Denn in dem Maße, wie durch sie Sicherheit entsteht, wird die Freiheit des Individuums und der Gesellschaft geopfert. Dieser Dualismus führte in der Vergangenheit auch zu Paranoia, Diktatur und Rassenwahn“, so seine Aussage.
Das Zusammenspiel der Materialien aus den hier gezeigten Arbeiten verdeutlicht die Spannung zwischen Leben und Verfall, Heilung und Verletzung, Stärke und Zerbrechlichkeit und lädt zu einem vielschichtigen Dialog über Freiheit und Sicherheit ein.
